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Globale Verlagsbeziehungen

Kultur ist seit jeher international, das heißt: sie ist maßgeblich von Menschen und Medien abhängig, die sie vermitteln. Diese Vermittlung war historisch lange Zeit personengebunden und elitär (von ,oben‘ nach ,unten‘). 1970 entwirft Hans Magnus Enzensberger im von ihm herausgegebenen Kursbuch einen „Baukasten zu einer Theorie der Medien“, der konträr zu dieser Vorstellung kultureller Kommunikationsprozesse ist. Die Vision: Kulturvermittlung und -erfahrung ist dezentral, kollektiv, interaktiv und selbstorganisierend möglich.

 

 

Foto: DLA Marbach

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Urlaubsfotos: Hermann Hesse mit Samuel Fischer in Sils-Maria (1913) und Sankt Moritz (1931)

„Montagnola-Strategie"? Hermann Hesse fördert Peter Weiss durch Schreibaufträge

Der mit Peter Suhrkamp ebenso wie mit Samuel Fischer und dessen Familie befreundete Hermann Hesse hat in den 1930er-Jahren aus Deutschland emigrierte Künstler:innen nach Montagnola im Tessin eingeladen und unterstützt. Der junge Peter Weiss, später als Suhrkamp-Autor berühmt („Die Ästhetik des Widerstands“), hat Hesses 1905 entstandene komische Erzählung „Anton Schievelbeyn’s ohnfreywillige Reisse nacher Ost-Indien“ als Geburtstagsgeschenk für Hesses Förderer Hans C. Bodmer abgeschrieben und bebildert.

Foto: DLA Marbach

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Fantasy 1937 in Deutschland? George Allen & Unwin Ltd. an Anton Kippenberg

Seit dem 21. September 1937 kann man in Großbritannien J.R.R. Tolkiens Fantasy-Roman „The Hobbit or There and Back Again“ in den Buchhandlungen kaufen. Die Abenteuergeschichte, die der Hobbit Bilbo in seiner Wohnung in Mittelerde aufschreibt, ist so erfolgreich, dass der Verlag sie schon im November Anton Kippenberg und seinem Insel Verlag anbietet, der allerdings kein Interesse hat. Weil Tolkien sich weigert, für eine deutsche Publikation den Ariernachweis zu erbringen, scheitern 1938 auch die Verhandlungen mit dem Potsdamer Verlag Rütten & Loening. Die erste deutsche Übersetzung des „Hobbit“ wird erst 1957 – zwei Jahre nach der englischen Ausgabe der Fortsetzung „Der Herr der Ringe“ – erscheinen.

Foto: DLA Marbach

Umschlag von Boris Pasternaks Brief vom 22.4.1959 an Kurt Wolff

„Doktor Schiwago“, der Roman, für den Boris Pasternak 1958 den Nobelpreis erhielt, erschien das erste Mal 1957. Nicht in Russland, sondern in italienischer Übersetzung bei Feltrinelli in Mailand, wohin das Typoskript heimlich durch einen Mittelsmann gebracht worden war. 

Kurt Wolff, der 1940 mit seiner Frau Helen nach Amerika emigrierte Verleger von Franz Kafka, Georg Trakl und Robert Walser, gab 1958 in seinem New Yorker Verlag Pantheon Books die amerikanische Übersetzung heraus. Die Briefe zwischen Pasternak und Wolff werden von der russischen Zensur geöffnet, manche auch zurückgehalten. Vieles schmuggeln persönliche Boten.

Der Hauptgegenstand, „Doktor Schiwago“, wird zur Sicherheit hinter dem Bild vom weltreisenden Doktor versteckt: „Von unserem Freund, dem Doctor, kann ich Ihnen nur gute Nachrichten geben: in Paris hat er sich etwas verspätet, in New York wird er am 5. September öffentlich auftreten, auch für private Consultationen ist er schon jetzt dort anwesend. Gleich nach New York wird er in London erwartet, und vor wenigen Tagen besuchte mich mein Freund Fischer, der auf ihn im October in Frankfurt rechnet. Ein beweglicher Herr wie Sie sehen.“

Der Briefumschlag von Pasternak ist in der Korrespondenz mit Wolff eine Ausnahme. Pasternak verwendet zumeist Postkarten – als ohnehin ‚offenes‘ Medium unverdächtig und deswegen häufig nicht kontrolliert.

©DLA Marbach

Foto: DLA Marbach

Das 1967 geschmuggelte Typoskript von Michail Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita"

Woher hatte Mick Jagger die Idee zu seinem Song „Sympathy for the Devil“? Michail Bulgakow schrieb von 1928 bis zu seinem Tod 1940 an einem Roman, in dem ein Schriftsteller, genannt der ‚Meister‘, die Geschichte des römischen Statthalters Pontius Pilatus schreibt, der verhindern will, dass zwei Wahrheiten ans Licht kommen: Jede Staatsmacht sei eine Form der Gewalt und Feigheit das größte Laster. Der ‚Meister‘ darf seine Geschichte nicht veröffentlichen, flüchtet ins Irrenhaus und wird von seiner Geliebten Margarita und dem Teufel gerettet.

Bulgakows Witwe Jelena hat den Roman abgetippt, der erst im Winter 1966/67, 27 Jahre nach Bulgakows Tod, als Fortsetzungsdruck in der Zeitschrift „Moskwa“ veröffentlicht wird. Unmittelbar danach erscheinen englische, italienische und deutsche Übersetzungen. Zum Jahresende veröffentlicht der Luchterhand Verlag, auf Grundlage der durch den ‚Eisernen Vorhang‘ geschmuggelten russischen Originalabschrift von Jelena Bulgakowa, die westdeutsche Ausgabe.

Foto: DLA Marbach

Stipendienliteratur – Christoph Ransmayrs Exposé für den Roman „Die letzte Welt", 1985 an Hans Magnus Enzensberger geschickt

Als Christoph Ransmayrs Ovid-Roman „Die letzte Welt“, gefördert durch ein Elias-Canetti-Stipendium der Stadt Wien, 1988 als Nummer 44 in der von Hans Magnus Enzensberger herausgegebenen ‚Anderen Bibliothek‘ erscheint, wird er schnell zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Romane.

Anlass war eine Umformungsprobe, um die Ransmayr von Hans Magnus Enzensberger, alias Andreas Thalmayr, für dessen „Wasserzeichen der Poesie“ (1985) gebeten worden war: Kapitel 2 des ersten Hauptstücks, am Beispiel der von Ovid in den „Metamorphosen“ in Versen geschilderten Geschichte des Labyrinths, das sich König Minos auf Kreta der Sage nach bauen ließ: „PROSAISIERUNG. ‚Gebundene‘ und ‚ungebundene Rede‘: die Transformation der einen in die andere zeigt die Möglichkeiten und die Grenzen beider. Welche Fassung haftet länger im Gedächtnis?“

Foto: DLA Marbach

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Telegramm von Anna Seghers:

Foto: Akademie der Künste, Berlin.
Mit freundlicher Genehmigung des Aufbau Verlags

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Vorheriger Brief von Hans Marum an Heinrich Mann vom 18.05.1942

Foto: Akademie der Künste, Berlin

Verlage im Exil: „El Libro Libre" – Hans Marum an Heinrich Mann, der das Briefpapier für Notizen zu seinen Memoiren "Ein Zeitalter wird besichtigt" weiter verwendet

Die Zeit der NS-Diktatur bildete für viele Autor:innen, Künstler:innen und auch Verlage eine einschneidende Zäsur. Während Autor:innen im Exil ihre Arbeiten wieder aufzunehmen versuchten, mussten sich auch Verlage neu organisieren oder sogar neu gründen. So auch der Verlag „El Libro Libre“, der am 9. Mai 1942 in Mexiko anlässlich des Jahrestages der deutschen Bücherverbrennung gegründet wurde. Als dezidiert antifaschistischer Verlag wurden unter der Leitung Walter Jankas während des vierjährigen Bestehens 20 Titel auf Deutsch mit einer Gesamtauflage von 36.000 Stück und 6 Titel auf Spanisch (Auflage: 18.000 Stück) veröffentlicht, darunter Anna Seghers’ „Das siebte Kreuz“ (1943) und Theodor Plieviers „Stalingrad“ (1946).

Marum schreibt an Heinrich Mann, der sich zu diesem Zeitpunkt im Exil in Kalifornien befindet, und erbittet ein aktuelles Manuskript. Aufgrund der politischen Ereignisse entscheidet sich Mann dafür, das Manuskript des Romans „Lidice“ zu übersenden. Der Roman hat die Erschießung aller männlichen Bewohner des tschechischen Dorfs Lidice durch Mitglieder des NS-Regimes am 10. Juni 1942 zum Zentrum. Aufgrund von Manns überzeichneter Darstellung der Ereignisse im Roman und der Wendung ins Groteske kam es zu erbitterten verlagsinternen Debatten. Der Roman erschien 1943 in einer überarbeiteten Version, fand aber wenig Anklang und erntete stattdessen viel Kritik.

Foto: DLA Marbach

Lion Feuchtwanger an „El Libro Libre"

Im Oktober 1942 veröffentlicht der Verlag „El Libro Libre“ Lion Feuchtwangers Roman „Unholdes Frankreich“.

In einem Brief vom 4. Mai 1942, der im Nachlass von Walter Janka erhalten ist, schreibt Feuchtwanger aus seinem kalifornischen Exil nach Mexiko. Es geht um das Romanmanuskript zu „Unholdes Frankreich“. Darin schildert Feuchtwanger autobiographische Details von Flucht und Exil. Zuerst lebte er im südfranzösischen Sanary-sur-Mer und war zweimal im Lager Les Milles interniert, dann floh er erneut,  erreichte im Oktober 1940 New York und begann mit den Aufzeichnungen für „Unholdes Frankreich“.

Im Brief spricht Feuchtwanger über seine Entscheidung, dieses Manuskript einzureichen – dazu gehört auch der Blick auf die potentiellen Leser:innen und die Sprache der Veröffentlichung (viele der Werke deutschsprachiger Autor:innen im Exil waren vor ihrem Erscheinen auf Deutsch bereits in englischer Sprache publiziert worden). Während das Buch (späterer Titel: „Der Teufel in Frankreich“) in der BRD lange Zeit keinen Anklang fand, wurden in der DDR-Edition von 1954 Passagen zensiert, u.a. zur Rolle der US-amerikanischen Hilfeleistungen.

Foto: DLA Marbach

Rowohlt und der japanische Buchmarkt

In den 1950er-Jahren wird für viele deutsche Verlage auch der japanische Buchmarkt zunehmend interessant – zum einen für die Publikation deutschsprachiger übersetzter Literatur in Japan, zum anderen im Hinblick auf die japanische Literatur in deutscher Übersetzung. In Japan ist das Interesse für Autoren wie Wolfgang Borchert, Bertolt Brecht, Robert Musil und Hans Fallada groß, während man sich bei Rowohlt vor allem für die Werke Kobo Abes interessiert.

Da der japanische Markt weitestgehend unbekannt ist, werden Agenturen wie die Librarie Mecklenburg zwischengeschaltet, die zwischen den einzelnen Verlagen vermitteln.

Foto: DLA Marbach

Erich Kästner in Brasilien

Wie kommt Erich Kästners „Das doppelte Lottchen“ nach Brasilien? Die Geschichte von Übersetzungen und Lizenzverkäufen auf dem internationalen Markt ist in vielen Fällen eng verwoben mit der Geschichte des Exils. 1936 flieht der jüdische Rechtsanwalt und Schriftsteller Hans Gustav Elsas vor den Nazis nach Brasilien. Dort wird er Professor für altgriechische Sprache und Literatur und veröffentlicht unter dem Pseudonym José Antonio Benton Romane und Erzählungen, die um brasilianische Mythen und Volkserzählungen kreisen. Über seine Netzwerke in Brasilien vermittelt er den Kontakt zwischen dem brasilianischen Verlag Melhoramentos und Erich Kästner. Kästners „Das doppelte Lottchen“ erscheint in der Folge unter dem Titel „As duas Lolotas“ bei Melhoramentos in Brasilien.

Foto: DLA Marbach

Siegfried Unselds Reise nach Marbach 1973

So gar nicht global wirkt auf den ersten Blick dieser Reisebericht Siegfried Unselds von seinem Besuch im Deutschen Literaturarchiv Marbach am 28. März 1973. In der „Marbacher Isolierung“ gibt es zwar ungeahnte Schätze zu entdecken, die globale Vernetzung fehlt aber; die Beschäftigung mit Verlagsarchiven steckt in den Kinderschuhen: „Insel und Cotta sind die einzigen Verlage, die in diesem Archiv besonders geführt werden.“ Seither wurde das DLA um eine Vielzahl von Verlagsarchiven (Suhrkamp, S. Fischer, Reclam, Rowohlt und viele mehr) erweitert und die globalen Linien, die aus den Archiven ins europäische Ausland, nach Asien oder Lateinamerika führen, stehen verstärkt im Fokus des Interesses.

Foto: DLA Marbach

Amerikanische Autor:innen im Rowohlt Verlag (1964)

ausgewählt und kommentiert von Corinna Norrick-Rühl

Literatur entsteht innerhalb von komplexen Publikations- und Verlagskontexten; dabei spielen Verlagstraditionen und gewachsene Verlagsschwerpunkte eine wichtige Rolle. Ein Beispiel ist die lateinamerikanische Literatur bei Suhrkamp. Der Rowohlt Verlag ist hingegen seit Jahrzehnten eng mit der US-amerikanischen Gegenwartsliteratur verbunden.

Die hier gezeigte Liste wurde 1964 als Übersicht für Sanford J. Greenburger erstellt, der als Scout und Literaturagent maßgeblich an der transatlantischen Literaturvermittlung zwischen den USA und Westdeutschland beteiligt war. Der Münchner Verlag Droemer Knaur hatte am 12. Oktober 1964 eine ganzseitige Anzeige im US-amerikanischen Blatt „Publishers Weekly“ geschaltet und auf die hauseigenen US-amerikanischen Autor:innen (zum Beispiel Mary McCarthy mit dem Bestseller „Die Clique“) hingewiesen. Heinrich Maria Ledig-Rowohlt zeigte sich besorgt, weil hiermit für Rowohlt ein neuer Konkurrent auf der Bildfläche erschienen war. Ledig-Rowohlt ließ mit dieser Liste Greenburger wissen, dass er ebenfalls eine Anzeige im „Publishers Weekly“ schalten wolle. So sollte die Marke Rowohlt bei den US-amerikanischen Verlagen ins Gedächtnis gerufen werden. Immerhin: Auf dieser Liste standen gleich drei Nobelpreisträger: Sinclair Lewis (1930), William Faulkner (1949) und Ernest Hemingway (1954). Und auch aus heutiger Sicht wäre die Liste noch fortzuführen: mit weiteren etablierten Namen wie Toni Morrison (Literaturnobelpreis 1993) oder John Updike, Siri Hustvedt oder Rachel Kushner.

Foto: DLA Marbach

Transatlantische Briefwechsel: Insel/Suhrkamp und Alfred A. Knopf

Die transatlantischen Beziehungen werden bei Suhrkamp u.a. im Austausch mit dem Alfred A. Knopf Verlag in den USA gepflegt. Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestand ein reger Austausch zwischen dem Insel Verlag und dem 1915 von Alfred A. Knopf und seiner Ehefrau Blanche Knopf gegründeten US-amerikanischen Verlag. Der Verlag war in den USA maßgeblich für den Ausbau globaler Verlagsbeziehungen und die Erfolgsgeschichte übersetzter Literatur in den USA, vor allem mit Blick auf lateinamerikanische, asiatische und europäische Literatur, verantwortlich. Das Archiv des Alfred A. Knopf Verlags wird am Harry Ransom Center in Austin, Texas, aufbewahrt.

Foto: DLA Marbach

Khalid Al-Maaly und seine Kamele westöstlicher Diwane der Moderne

ausgewählt und kommentiert von Tianjue Li

Als der junge beduinische Lyriker Khalid Al-Maaly 1979 nach der Machtübernahme Saddam Husseins – unfrei und dennoch freiwillig – aus dem Südirak über Land und Meer flüchtet und am Ufer Europas „strandet“, bleiben ihm als sein „einziges Gepäck“ nur noch seine „Träume“. Aus dem Tal seines Lebens, aus seinen „Träumen und Alpträumen“ hervorgehend, gründet der 1983 al politischer Flüchtling anerkannte Al-Maaly seinen Verlag. Als Dichter und Lyrikübersetzer, Anthologe, Verleger und Schriftsetzer betritt Al-Maaly mit seinem arabischen Exilverlag Al-Kamel neues Terrain in Köln.

Hin und her tragen seine einsamen Kamele deutsche Gedichte von Gottfried Benn, Paul Celan und Hans Magnus Enzensberger ins Arabische. Umgekehrt führen sie sowohl moderne arabische Lyrik als auch Verse großer Dichter:innen des 5. Jahrhunderts ins Deutsche ein. Hin und her – zwischen politischen Unmöglichkeiten und sprachlichen Aporien – entsteht unerwartet allmählich eine poetische Oase, die jenseits jeglicher bestehender Vorstellungen und Fata Morganen liegt.

Das reichlich beladene Kamel setzt ab 2008 als Manšūrāt al-Ǧamal seine Reise und Geschichte in Beirut fort, wieder in Arabien und nach wie vor weiter in die Welt.

Foto: DLA Marbach

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Foto: DLA Marbach

'Zäsur und Dauer': "Die Stimme spricht", ein Gedichtzyklus Karl Wolfskehls in drei Ausgaben des Schocken Verlags

ausgewählt und kommentiert von Caroline Jessen und Tianjue Li

Das Jahr 1933 bedeutete eine absolute Zäsur in Karl Wolfskehls Leben. Mit der Ernennung des neuen Reichskanzlers am 30. Januar 1933 vollzog sich die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland; und mit dem Tod Stefan Georges am 4. Dezember 1933 wurde eine wesentliche Lebensepoche Wolfskehls historisch. „Römisch, jüdisch, deutsch zugleich“ musste der vierundsechzigjährige „Ur-Rheinländer“ und Wahlmünchner zwar Deutschland für immer verlassen, nicht jedoch die deutsche Sprache. Auf der finsteren und wirren Schicksalsfahrt erklang seine Stimme trotz allen Zweifels unbeirrbar:

„Ein Körnlein ist verscharret
Im Irgendwo der Welt.
Wer auf das Körnlein harret
Mit dem ist recht bestellt.“

Die Klage- und Hoffnungslieder aus dem ersten noch in Europa verbrachten Exiljahr erschienen 1934 zunächst in einem schlichten und ernsten Gedichtband „Die Stimme spricht“ als Teil der legendären „Bücherei des Schocken Verlags“. Auch die überarbeitete und erweiterte Auflage konnte 1936 noch in Berlin erscheinen. Dann folgten Wolfskehls notgedrungener Verkauf seiner Bibliothek an Salman Schocken, 1938 die Flucht nach Neuseeland und im selben Jahr die Zwangsschließung des Schocken-Verlags in Berlin. Der Verlag setzte seine Arbeit in New York und Tel Aviv unter veränderten Bedingungen und mit neuem Programm in englischer und hebräischer Sprache fort. Wolfskehls Gedichtband wurde nach der Shoa als historisches Dokument einer Zäsur in der jüdischen Geschichte in englischer Übersetzung von Schocken publiziert. Als Karl Wolfskehl 1947 auf der „Anti-Thule“ in Auckland an die damalige Chefredakteurin von Schocken Books New York Hannah Arendt – dankend und fragend – über die möglichen Eigen- und Rezeptionsexemplare der englischen Übersetzung „1933. A Poem Sequence“ schrieb, hatte der ‚Exul Poeta‘ nur noch ein Jahr zu leben.

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