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Kinderfragen

Welche Fragen stellen Kinder zu Schiller? Welche würden wir stellen, wenn wir noch Kind wären?

 

Gern können Sie uns Fragen schicken (E-Mail: museum@dla-marbach.de). Die ersten Fragen, die wir hier beantworten, sind uns in Führungen durch das Schiller-Nationalmuseum und dessen Interimsausstellung im Literaturmuseum der Moderne gestellt worden.

 

Foto: DLA Marbach

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Goethe schickte 1795 per Post an Schiller ein Briefchen mit Stecknadeln, die dieser als „Symbole von Gewißensbißen“ interpretierte. Goethes Antwort: Er könne die „symbolischen Nadeln gesund brauchen und verlieren“.

Wisst Ihr, was ein „Symbol“ ist? Im antiken Griechenland gab es den Brauch, unter Freunden einen Tonring oder eine Tontafel in zwei Hälften zu zerbrechen, die man später als Zeichen der Freundschaft wieder zusammenfügen konnte. Das griechische „sýmbolon“ heißt wörtlich übersetzt „Zusammen-Wurf“. Das sinnlich wahrnehmbare Zeichen verweist also auf einen Begriff, eine Idee, eine Vorstellung – in diesem Fall auf die der Freundschaft und im Fall der Stecknadeln auf die von Gewissensbissen.

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Natürlich schenkte auch Schiller Goethe etwas, zum Beispiel dieses Rätselgedicht mit dem Titel „Berglied“:

An dem Abgrund leitet der schwindlichte Steg,
Er führt zwischen Leben und Sterben,
Es sperren die Riesen den einsamen Weg
Und drohen dir ewig Verderben,
Und willst du die schlafende Löwinn nicht wecken,
So wandle still durch die Straße der Schrecken,
Es schwebt eine Brücke hoch über den Rand
Der furchtbaren Tiefe gebogen,
Sie ward nicht erbauet von Menschen Hand,
Es hätte sichs keiner verwogen,
Der Strom braust unter ihr spat u: früh,
Speit ewig hinauf und zertrümmert sie nie.

(Goethe erkannte darin die Teufelsbrücke am Sankt-Gotthard-Pass).

Foto: DLA Marbach

 

 

 

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Wie Schiller Goethe las? In der „Werther“-Ausgabe aus Friedrich Schillers Bibliothek („Goethe’s Schriften“, Bd. 1, 1787, Leipzig: Göschen) unterstrich und datierte vermutlich seine Tochter Emilie, die neun Monate alt war, als ihr Vater starb, dessen Lieblingszitate, unter anderm auch dies: „Mußte denn das so seyn, daß das, was des Menschen Glückseligkeit macht, wieder die Quelle seines Elends würde?“

 

Foto: DLA Marbach

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Goethe und Schiller hatten viele gemeinsame Projekte und versuchten voneinander zu lernen. Goethe fing z.B. an, seine Gedanken systematischer zu fassen, Schiller ließ sich auf das ein, was Goethe als „Erfahrung“ bezeichnete, die Beobachtung der sinnlichen Welt: „Es ist hohe Zeit, dass ich für eine Weile die philosophische Bude schließe. Das Herz schmachtet nach einem betastlichen Objekt“, schrieb er 1795. Er fing wie Goethe an zu beobachten, wie das Licht Farben erzeugt und wie man deren Wahrnehmung beeinflussen kann und zum Beispiel mit Hilfe eines Prismas das Licht so brechen kann, dass Farben in der Welt sind, die man vorher nicht gesehen hat (mehr). Hier zwei Prismen aus Schillers Besitz:

Foto: DLA Marbach

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Als Schiller am 9. Mai starb, war Goethe selbst krank: „Bei dem Zustande meines Körpers und Geistes, die um aufrecht zu bleiben, aller eigenen Kraft bedurften, wagte niemand die Nachricht von seinem Scheiden in meine Einsamkeit zu bringen. Er war am Neunten verschieden, und ich nun von allen meinen Übeln doppelt und dreifach angefallen. Als ich mich ermannt hatte, blickt‘ ich nach einer entscheidenen großen Tätigkeit umher; mein erster Gedanke war, den ‚Demetrius‘ zu vollenden.“

Der „Demetrius“ war das Drama, an dem Schiller zuletzt geschrieben hatte. Das Drama blieb allerdings unvollendet – und Goethe schrieb doch nicht daran weiter. Erhalten haben sich Schillers Entwürfe, zum Beispiel dieses Blatt, das das allerletzte gewesen sein soll, das Schiller beschrieben hat:

Foto: DLA Marbach

 

1. Konnten sich Goethe und Schiller leiden?

 

Goethe war zehn Jahre älter als Schiller und für Schiller ein Vorbild, auch als er ihn noch nicht persönlich kannte. Schiller las Goethes 1774 erschienenen Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ schon als Schüler. Ins Stammbuch seines Freundes Emmanuel Gottlieb Elwert schrieb er ein Werther-Zitat: „So eingeschränkt der Mensch ist, hat er doch noch den Trost, daß er diesen Kerker verlassen darf – wenn er will. Werther. Schiller“.  

Doch der ältere Goethe mochte die Theaterstücke des jungen Schiller gar nicht („Die Räuber“ und „Don Carlos“). Als sie sich das erste Mal 1788 persönlich trafen, konnten sie sich tatsächlich nicht leiden. „Öfters um Goethe zu sein würde mich unglücklich machen“, schrieb Schiller seinem Freund Christian Körner.

1794 trafen sich die beiden erneut, nachdem Schiller Goethe gefragt hatte, ob er nicht zusammen mit ihm eine literarische Zeitschrift („Die Horen“) herausgeben wolle.

Goethe selbst erzählte Jahre später von diesem Treffen als „Glückliches Ereigniß“: „Wir gelangten zu seinem Haus, das Gespräch lockte mich hinein; da trug ich die Metamorphose der Pflanze lebhaft vor, und ließ, mit manchen charakteristischen Federstrichen, eine symbolische Pflanze vor seinen Augen entstehen. Er vernahm und schaute das alles mit großer Teilnahme, mit entschiedener Fassungskraft; als ich aber geendet, schüttelte er den Kopf und sagte: ‚Das ist keine Erfahrung, das ist eine Idee.‘ Ich stutzte, verdrießlich einigermaßen: denn der Punkt, der uns trennte, war dadurch aufs strengste bezeichnet. Die Behauptung aus ‚Anmut und Würde‘ fiel mir wieder ein, der alte Groll wollte sich regen, ich nahm mich aber zusammen und versetzte: ‚Das kann mir sehr lieb sein, dass ich Ideen habe ohne es zu wissen, und sie sogar mit Augen sehe.'“

Die beiden begannen zu diskutieren und verabredeten sich wieder. Als Goethe Schiller zu sich nach Hause einlud, sagte dieser mit einer gesundheitlichen Einschränkung zu: „Ich bitte bloß um die leidige Freiheit, bei Ihnen krank sein zu dürfen.“ Goethe scheint Schiller, der zu dieser Zeit an nächtlichen Krämpfen litt, die Freiheit gewährt zu haben. Sie wechselten von nun an beinahe täglich Briefe und sahen sich häufig.

„Wir sitzen von abend 5 Uhr bis nachts 12 auch 1 Uhr zusammen und schwatzen“, berichtete Schiller von einem Besuch Goethes, der ihm wiederum schrieb: „Sie haben mir eine zweite Jugend verschafft und mich wieder zum Dichter gemacht“.

Mehr hinter den roten Kreuzchen im Bild  …

Foto: DLA Marbach

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Schillers Nase, nachmodelliert nach seiner Totenmaske von dem mit ihm befreundeten Bildhauer Johann Henrich Dannecker 1805:

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In Schillers Nachlass findet man zahlreiche Dinge für die Nase wie ein Riechfläschchen und verschiedene Schnupftabakdosen. „Schnupfer, wie Schiller“, erzählte sein Freund Petersen, „wird man nicht leicht finden. Hatte er bisweilen gerade keinen Tabak, so kitzelte er seine Geruchsnerven mit Staub.“ Schiller selbst stellt sich immer wieder mit Schnupftabakdose dar. Sie verbirgt sich auch auf einem Bild von ihm, dass Ihr bei den Lieblingsdingen entdecken könnt.

Arbeitsfoto: DLA Marbach

2. Schiller hat auf vielen Bildern eine lange Nase – war diese wirklich so lang?

 

Lang war Schillers Nase auf alle Fälle. „Seine Stirne war breit, die Nase dünn, knorpelig, weiß von Farbe, in einem merklich scharfen Winkel hervorspringend, sehr gebogen, auf Papageienart und spitzig“, beschrieb ihn sein Mitschüler Georg Friedrich Scharffenstein. Und der Freund Johann Wilhelm Petersen setzte noch eins obendrauf: „Den Ordensstern des Genius, um mit Lavater zu reden, trug Schiller nicht im Auge. Sein Geist scheint aus dem Innern in den Körper heraus gequollen zu sein; er ergoss sich in seine Gesichtszüge und veränderte die Wölbungen und Gestalt des Körpers. Die Nase, die im Jahr 1781 noch eingedrückt war, erhielt allmählich die Adlerform.“

Schiller selbst soll im Scherz erzählt haben, „dass er sie sich selbst gemacht [habe]; sie sei von Natur kurz gewesen; aber in der Akademie habe er so lange daran gezogen, bis sie eine Spitze bekommen.“

Unsere Einladung an Euch: Zieht bitte nicht so lange an Eurer Nase, aber stellt Euch doch einmal vor, was passiert, wenn Ihr Euch in bestimmte Ecken Eures Körpers hineindenkt und -fühlt. Wie denkt Ihr mit der Nase, wie mit den Fingern? Wo würdet Ihr Eure Gefühle verorten – Traurigkeit, Wut, Liebe?

 

Foto: DLA Marbach

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Die nächsten beiden Seiten:

Foto: DLA Marbach

 

 

 

3. Hat Schiller schon als Schüler Gedichte geschrieben?

 

Das früheste Gedicht, das von Schiller erhalten ist, ist ein Schulgedicht: Der 11-jährige Schiller bedankt sich 1771 bei Georg Zilling, seinem Lehrer an der Ludwigsburger Lateinschule, für die Herbstferien auf Latein und im antiken Versmaß: 

„O mein Dekan, den ich wie keinen jemals verehre, / Höre mit heiterer Stirn nun auch den Dank noch von mir, / Dass Du uns die Möglichkeit gabst, von Studium und Arbeit / Auszuruhn […]. / Öfters pflegten die Musen, wenn Plektrum und Kithara ruhten, / Blüten von Veilchen und Ros’ bunt zu vermengen im Spiel. / Wem im uralten Wald die heiligen Eichen erwachsen, / Grünt, den Gottheiten lieb, auch Tamariskengesträuch. […] Recht der Natur, dass der / Nacken vom Joch nach der Ernte befreit wird, / So wie der Reiter dem Pferd lockert die Zügel im Sieg.“

Ganz schön kompliziert. Im 18. Jahrhundert haben die Schüler Schreiben und Lesen meist zuerst auf Latein gelernt und dann erst auf Deutsch. Die Mustertexte dafür, was als „Literatur“ galt, stammten aus der antiken Literatur.

Schiller hat auf alle Fälle einiges davon später weiter verwendet. Das Pferd etwa, dem man die Zügel lockert, kommt bei ihm wiederholt vor – auch als Zeichnung auf einem seiner ersten deutschsprachigen Gedichte (Leben).

Habt Ihr in der Schule auch schon einmal ein Gedicht geschrieben? Vielleicht dafür sogar wie Schiller eine besondere Schrift verwendet? Falls nicht: Wenn Ihr neugierig geworden seid, könnt Ihr es doch mal ganz für Euch alleine ausprobieren.

Arbeitsfoto: DLA Marbach

4. Mit was hat Schiller geschrieben?

 

Schiller nahm zum Schreiben einen Gänsekiel, den er mit einem Federmesser immer wieder zuspitzte.

In seinem Nachlass gibt es neben der von seinem Sohn Karl überlieferten „letzten Feder“ allerdings auch zwei Stahlfedern.

Auch hier: Versucht es einmal selbst, wie Ihr mit Gänsekiel und Stahlfedern schreibt. Was geschieht dadurch mit Eurer Handschrift? Schillers Manuskripten sieht man zum Beispiel an, dass er seine Federn nicht regelmäßig zugeschnitten hat: Der Tintenfluss war zu stark oder brach ab, Buchstaben wurden breit oder unvollständig. Ohnehin musste er andauernd das Schreiben unterbrechen und die Feder wieder eintauchen.

Foto: DLA Marbach

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Türschild eines Schlafsaals der Karlsschule. Schiller gehörte der ersten Abteilung an.

Hier ein Beispiel für seinen Stundenplan:

Foto: DLA Marbach

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Das früheste Porträt Schillers: eine um 1774 in der Karlsschule entstandene getuschte Silhouette. Zopf und hoher Kragen waren Vorschrift.

Foto: DLA Marbach

 

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Schiller zugeschriebene Bastelarbeit: Papp-Denkmal mit Muse und Geheimfach.

Foto: DLA Marbach

5. Was machte Schiller als Schüler im Unterricht?

 

Tanzen gehörte neben Zeichnen, Fechten und Chirurgie zu Schillers Unterrichtsfächern an der Karlsschule, die er von 1773–80 besuchte. Schiller war mit dreizehn Jahren in die herzogliche Militärakademie eingetreten und wurde regelmäßig beurteilt. 1775 z.B. als „ziemlich wohl“ gewachsen, „aufmerksam und gehorsam“ gegen Lehrer, gegen Kameraden „gefällig“ und gegen sich selbst „zufrieden“. Gedächtnis und Kombinationsfähigkeit sind gut, der „Scharfsinn“ mittelmäßig. Am Heiligen Abend 1773 wird Schiller abgestraft, weil er mit zwei Freunden bei der Kammermagd Kaffee getrunken hat, am 19.2.1774 dann „das 2te mal wegen Unreinlichkeit“.

Die Schüler konnten zwischen dem Studium der Theologie, Jura und Medizin wählen. Schiller begann mit Jura und wechselte dann 1776 zur Medizin. 1776 erscheint erstmals ein Gedicht von ihm im Druck: Der Abend.

Mit 21 Jahren verließ  Schiller die Karlsschule, nachdem der dritte Anlauf zu einer Dissertation erfolgreich war. Seine Doktorarbeit „Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen“ spielt auf das Drama Die Räuber an, an dem er parallel arbeitet. Er baute sogar ein Zitat daraus ein, das gut zeigt, was Schiller zu jener Zeit faszinierte – das unbewusste Zusammenspiel des Körpers mit Gefühlen und Gedanken: „FRANZ. Ich habe das Fieber; ich will morgen zur Ader lassen. / DANIEL. O Ihr seid ernstlich krank. / FRANZ. Ja freilich, freilich! das ist alles. – – Und Krankheit verstöret das Gehirn, und brütet tolle und wunderliche Träume aus. – – Träume bedeuten nichts – – nicht wahr, Daniel? Träume kommen ja aus dem Bauche und Träume bedeuten nichts. – – Ich hatte soeben einen lustigen Traum. (Er sinkt ohnmächtig nieder.)“

Foto: DLA Marbach

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Auch Schillers Marbacher Archivar:innen sprechen Schwäbisch, zumindest eine:r davon –  Schillers rotes Kopfband wurde mit einer schwäbischen Präposition archiviert, die dann später jemand korrigiert hat:

Foto: DLA Marbach

6. Sprach Schiller Schwäbisch?

 

Hierfür gibt es einen eindeutigen Beweis: „Auf ewig bleibt mit dir vereint / Der Artzt, der Dichter, und dein Freund“. Dieser Eintrag des 18-jährigen Schiller in das Stammbuch seines Schulfreunds Johann Christian Weckherlin reimt sich nur auf Schwäbisch.

Foto: DLA Marbach

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Schillers Schachfiguren aus Elfenbein in Nahaufnahme:

 

Fotos: DLA Marbach

7. Wenn Schiller so viel über das Spielen nachdenkt – was hat er für Spiele gespielt?

 

In Schillers Nachlass haben sich ein Schachspiel, verschiedene Kästchen mit Spielmarken und Kartenspiele erhalten. Ein Tisch in seinem Weimarer Wohnhaus soll für die Spielmarken und das Spielgeld sogar extra Mulden gehabt haben. Seine Frau Charlotte lernte für ihn extra Schach spielen.

Falls Ihr das auch lernen wollt: Hier wird es erklärt.

Foto: DLA Marbach

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Diese Kreidezeichnung (1790) stammt von Schillers Schwester Christophine, die sie nach einer Büste anfertigte (nach dem sog. Eros von Centocelle), die in Schillers Arbeitszimmer stand.

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Schiller erhielt diese Darstellung einer Muse (Klio, die Muse der Geschichtsschreibung) 1797 als Mustersendung des „Mechanographischen Instituts“ Duisburg, das Bilder durch das Ausmalen von Schablonen herstellte, und behielt sie offensichtlich. Die Wanddekoration solle, so die Hersteller, „Auge und Gefühl allgemeiner an das wahre Schöne“ gewöhnen. 

Foto: DLA Marbach

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Aus Pappmaché und aus Schillers Besitz:  „La Frileuse“ / „Die Frierende“, Kopie einer Marmorstatue (1783) von Jean-Antoine Houdon. Die ironisch mit der Vorstellung vom Winter als altem Mann kokettierende und zu Recht frierende, weil nur halb bekleidete Mädchenstatue war zu Schillers Zeiten äußerst beliebt.

Foto: DLA Marbach

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Und hier einige der rekonstruierten Tapetenmuster aus Schiller Wohnhaus (noch mehr findet Ihr hier):

Fotos: https://www.sirenen-und-heuler.de/weimar-in-24-stunden/

 

 

 

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Eine von Schillers Tapeten soll sogar daran Schuld gewesen sein, dass er so früh starb: Das um 1800 so beliebte „Giftgrün“ wurde mit dem giftigen Arsen hergestellt, das dann ausdünstete und die Menschen vergiftete. Die giftgrüne Tapete hatte Schiller ausgerechnet in seinem Schlaf- und Arbeitszimmer anbringen lassen, das so rekonstruiert wurde:

 

 

8. Wie wohnte Schiller?

 

1802 zieht Schiller mit seiner Familie in Weimar erstmals in ein eigenes Haus. Wenn man sich die überlieferten (Kunst-)Gegenstände aus seinem Haushalt und die Wände seines Hauses anschaut, so liebte er es hier wie auch bei seinen Kleidern bunt, hochmodisch, anspielungsreich und schon auch ein wenig extrem. Die bunten Tapiertapeten, die im 20. Jahrhundert nach gefundenen Resten rekonstruiert worden sind und die man hier in einem Video sehen kann, wählte er selber aus (einige davon besorgte Goethe). Sie erinnern zum Teil an die Op-Art: Geometrische Muster sorgen dafür, dass bei uns der Eindruck von Bewegung entsteht.

Schon früher legte Schiller auf besondere Tapeten wert, 1796 schrieb er zum Beispiel Goethe: „Es thut mir leid, daß meine Tapeten-Angelegenheit Ihnen mehr als ein paar Worte kosten soll. Da Sie indessen so gütig sein wollen, diese Verzierung an meinem Horizonte zu besorgen, so bitte ich Sie mir 4 Stücke von der grünen Tapete und 2 von Rosa-Bordüren (wenn diese auch 40 Ellen halten) aus Frankfurt kommen zu lassen. Ich ziehe die Rosa-Bordüren der Lebhaftigkeit wegen dem beiliegenden Muster vor.“

Mehr zu Schillers Tapeten und seiner „Kunstsammlung“ hinter den Kreuzchen.

Foto: DLA Marbach

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„Die Jungfrau von Orleans“ (uraufgeführt 1801) beginnt mit dieser Szenenbeschreibung:

„Eine ländliche Gegend. Vorn zur Rechten ein Heiligenbild in einer Kapelle; zur Linken eine hohe Eiche“.

Sie endet mit dieser: „Ein wilder Wald, in der Ferne Köhlerhütten. Es ist ganz dunkel, heftiges Donnern und Blitzen, dazwischen Schießen“.

Wo das auf der Karte liegt?

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Inspiration für den „Wallenstein“: Bericht an den Heerführer Matthias Gallas, Prag, 25.2.1633, mit einem eigenhändigen Nachsatz von Albrecht von Wallenstein:

„Ich zweifl das der herr was mitt dem Duwaldt wirdt richten können, die Polacken betrefent. Der herr schicke sie aufs eheste nur forth denn sie seindt uns schedlicher als der feindt. Die Crabaten [Kroaten] aber sehe der herr auf alle weis das sie sich cumpliren.“

Foto: DLA Marbach

9. Was machte Schiller, wenn ihm nichts einfiel?

 

Schiller hat viel recherchiert und in anderen Büchern gelesen. Und er hat sich Vorstellungshilfen gesucht, wie eine historische Frankreichkarte für „Johanna von Orleans“ und einen echten Brief des Feldherren Wallenstein für den „Wallenstein“.

Und dann gibt es noch eine Erzählung von Goethe: „Eine Luft, die Schillern wohltätig war, wirkte auf mich wie Gift. Ich besuchte ihn eines Tages, und da ich ihn nicht zu Hause fand und seine Frau mir sagte, daß er bald zurückkommen würde, so setzte ich mich an seinen Arbeitstisch, um mir Dieses und Jenes zu notiren. Ich hatte aber nicht lange gesessen, als ich von einem heimlichen Uebelbefinden mich überschlichen fühlte, welches sich nach und nach steigerte, so daß ich endlich einer Ohnmacht nahe war. Ich wußte anfänglich nicht, welcher Ursache ich diesen elenden, mir ganz ungewöhnlichen Zustand zuschreiben sollte, bis ich endlich bemerkte, daß aus einer Schieblade neben mir ein sehr fataler Geruch strömte. Als ich sie öffnete, fand ich zu meinem Erstaunen, daß sie voll fauler Aepfel war. Ich trat sogleich an ein Fenster und schöpfte frische Luft, worauf ich mich denn augenblicklich wieder hergestellt fühlte. Indeß war seine Frau wieder hereingetreten, die mir sagte, daß die Schieblade immer mit faulen Aepfeln gefüllt seyn müsse, indem dieser Geruch Schillern wohlthue und er ohne ihn nicht leben und arbeiten könne.“

Habt Ihr auch etwas, was Euch auf Einfälle bringt, oder einen Geruch, den Ihr besonders mögt?

Foto: DLA Marbach

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Drei weitere von insgesamt 21 Haarlocken, die als „Schillers Haare“ im Deutschen Literaturarchiv überliefert worden sind:

Foto: DLA Marbach

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Marmorlocke, die der Bildhauer Johann Heinrich Dannecker von seiner kolossalen Schillerbüste abgeschlagen haben soll.

Foto: DLA Marbach

10. Warum gibt es so viele Locken von Schiller?

 

Um 1800 hat man die Haarlocke als Erinnerungsstück und Geschenk entdeckt. Sie wurde Briefen beigelegt oder persönlich überreicht. Theoretisch ist es also schon möglich, dass es viele Locken von Schiller gibt. Allerdings sehen die Schillerlocken im Archiv so unterschiedlich aus, dass sie kaum von einem einzigen Menschen stammen können.

Schillerlocken gibt es übrigens auch zum Essen. Nach seinen Haarlocken, die durch das oft reproduzierte Porträt berühmt wurden, das Anton Graff 1791 von ihm machte, wurden sowohl ein tütenförmiges Gebäck aus Blätterteig als auch ein geräucherter Streifen Fleisch vom Dornhai benannt.

Aber noch einmal zurück zu den Souevenirs: Was schenkt Ihr Euch als Freundschaftszeichen?

"Schiller und was er zur Bildung heute beitragen könnte" von Özlem Özgül Dündar

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